Darmflorastörungen

Rolle der Darmflora bei Hauterkrankungen und Allergien

Interview aus der Fachzeitschrift Jatros Gastroenterologie mit Dr. Ionescu, wiss. Leiter der Spezialklinik Neukirchen

Chronische Hauterkrankungen und allergische Erscheinungen sind von verschiedenen Faktoren determiniert und teilweise schwer therapiebar. Als wesentlicher auslösender Faktor kann neueren Erkenntnissen zufolge eine Störung der mikrobiellen Darmflora angesehen werden. Die Zusammensetzung der enteralen Flora scheint z. B. maßgeblich für das Auftreten akuter Schübe bei Neurodermitis und Psoriasis verantwortlich zu sein. Über ein ganzheitliches Therapiekonzept, das über die lokale, rein symptomatische Behandlung der Hauterscheinungen hinausgeht und u. a. eine Sanierung der Darmflora erfasst, sprachen wir mit Dr. G. Ionescu, dem Wissenschaftlichen Leiter der Spezialklinik Neukirchen.

 

Heute gilt als gesichert, dass Beeinträchtigungen der mikrobiellen Darmflora ursächlich an der Entstehung zahlreicher gastrointestinaler Erkrankungen beteiligt sind. Könnte auch ein Zusammenhang zwischen mikrobieller Besiedlung des Gastrointestinaltrakts und Hauterscheinungen bestehen?

Dr. Ionescu:
Der Zusammenhang zwischen mikrobieller Besiedelung des Gastrointestinaltrakts und bestimmten Hauterscheinungen stellt tatsächlich ein Problem für die heutige Mikrobiologie und Dermatologie dar. Anhand einiger Beispiele werde ich versuchen, diesen Zusammenhang besser zu erläutern.

Als erstes Beispiel können wir den Milchschorf nennen. Bei Säuglingen mit Laktoseintoleranz besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den Haut- und Darmsymptomen. Da in diesen Fällen Laktose, also Milchzucker, nicht verträglich ist, werden auch viele Nahrungsmittel, die Milch enthalten, nicht vertragen. Die Laktoseintoleranz bei Babys und Kleinkindern hängt direkt mit einer Laktaseinsuffizienz zusammen, die wiederum mit einer falschen mikrobiellen Besiedlung des Darms bzw. des Dünndarms verbunden sein kann. Es gibt mindestens drei Veröffentlichungen, die klar dokumentieren, dass durch die Hemmung der Laktasetätigkeit aufgrund von Besiedlung Escherichia-coli Stämmen es zu Laktaseinsuffizienz kommt und somit zu der Laktoseintoleranz mit den bekannten Hautsymptomen.

Ein weiteres Beispiel für einen Zusammenhang zwischen mikrobieller Besiedlung des Darms und Hauterscheinungen stellt die Windeldermatitis bei Babys und Kleinkindern dar. Der Darm dieser Kinder dient als eine permanente Quelle bzw. Reservoir der pathogenen Bakterien und Hefepilze, die bei Stuhlentleerung immer wieder die Haut im Anal- und Genitalbereich infizieren und somit zur Entstehung dieser mikrobiellen Ekzeme beitragen. Ähnlich wie beim Milchschorf hilft hier nicht eine lokale Behandlung der Hautsymptome allein, sondern es ist wichtig, die veränderte Darmflora entsprechend zu behandeln.

Ein drittes bekanntes Beispiel stellt die Psoriasis dar. Wir wissen, dass es bei Psoriasis, ohne eine korrekte Sanierung mikrobieller Herde der Haut, der Lunge, des Darms, des Genitaltrakts usw. schwer zu einer dauerhaften Beschwerdefreiheit kommt.

Die antimykotische Behandlung bei Psoriasis ist z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika inzwischen zur Routine geworden. Die Zusammenhänge zwischen chronischer Darmbesiedlung mit krankmachenden Bakterien und Hefepilzen (pathogene Enterobacteriaceae, Anaerobier und Candida-Pilze) wurden in den letzten Jahren immer besser dokumentiert. Wir, in der Spezialklinik Neukirchen, haben Pionierarbeit schon in den 80er Jahren auf diesem Gebiet geleistet, was in mehreren eigenen Veröffentlichungen zu finden ist.

Wo sehen Sie weitere Ursachen für solche chronischen Hauterkrankungen wie Neurodermitis, allergische Ekzeme, Psoriasis, Akne, Kollagenosen wie Lupus erythematodes und Sklerodermie?

Dr. Ionescu:
Aus meiner Antwort auf die erste Frage soll man nicht die falsche Schlussfolgerung ziehen, dass allein die gestörte Darmbesiedlung mit Mikroorganismen die entscheidende Rolle bei den in der Frage erwähnten Erkrankungen spielt. Es gibt zusätzliche Faktoren, die hier eine wichtige Rolle spielen. Man darf die Bedeutung verschiedener Allergene als Provokationsfaktoren nicht vergessen. Die Problematik der Nahrungsmittel ist enorm wichtig bei den meisten chronischen rezidivierenden Hauterkrankungen.

Die Rolle der Umweltgifte Holzschutzmittel, Waschmittel, Insektizide, Zusatzstoffe in der Nahrung oder der Schwermetallbelastung aus dem Amalgam-Plomben, aus den Konservendosen und aus dem Trinkwasser wird inzwischen in verschiedenen Studien dokumentiert bzw. der Zusammenhang zwischen einer Anhäufung der Umweltbelastung in Ballungszentren und der Häufigkeit vorhandener Rhinitisallergie, Neurodermitis und Asthma bewiesen. Allerdings, da bei vielen Erkrankungen eine Mischung von allergischen und pseudoallergischen Reaktionen vorhanden ist, ist es nicht immer einfach zu trennen, welche Symptome auf eine allergische Reaktion zurückzuführen sind und welche durch eine pseudoallergische, also toxisch-irritative Belastung ausgelöst worden sind. Die Hauterscheinungen sehen in den meisten Fällen ähnlich aus, da dieselben Entzündungsmediatoren an den Reaktionen beteiligt sind.

Chronische Infekte des Darms, der Luftwege und der Haut gehören, wie schon erwähnt, zu den inneren auslösenden Faktoren. Dies passiert meistens auf der Grundlage einer veränderten Immunreaktion, besonders in dem zellulären Immunsystem. Auch emotionaler Streß (Angstzustände, seelische Belastung, Konfliktsituation) kann mit eine Ursache für eine chronische Hauterkrankung darstellen. Die sogenannte iatrogene Ursache ist von Bedeutung bei Psoriasis oder bei Lupus erythematodes. Hier kann die Gabe bestimmter Medikamente, wie z. B. Penicilline, Antimalaria-Mittel oder Lithium sowie Betablocker, Schübe der Krankheit auslösen.

Könnten allergische Rhinitis oder allergisches Asthma ähnlich wie die Hauterkrankungen multifaktoriell ausgelöst werden? Welche Rolle spielen hier die bakteriellen und mykotischen Herde, die die Schleimhäute von Lungen und Bronchien besiedeln?

Dr. Ionescu:
Sowohl bei allergischer Rhinitis als auch beim allergischen Asthma sind nicht nur Allergene als wichtige Provokationsfaktoren einzustufen. Auch Störungen im neurovegetativen System bzw. in der Produktion von Stresshormonen (wie z. B. bei Neurodermitis) sind für das Auslösen von Allergien von großer Bedeutung. Beim Allergiker beobachtet man sehr häufig die sogenannte Betablockade mit einem bisher unbekannten, aber inzwischen dokumentierten erhöhten Spiegel des Noradrenalins im Blut. Es geht hier um die Erhöhung um 100 bis 300 %, die eine völlig neue Reaktionslage im neurovegetativen System vorbereitet. Es kommt zu einer Betablockade durch die Reduzierung der Zahl und der Funktion der Betaadrenorezeptoren. Das spielt im nachhinein eine ganz wichtige Rolle bei der Kontrolle der Freisetzung von Entzündungsmediatoren oder bei der Kontrolle der zellulären Vermehrungsrate in der Haut, wie z. B. bei Psoriasis. Deshalb sind diese neurohormonellen Abweichungen von enormer Bedeutung und eindeutig als Provokationsfaktoren einzustufen.

Bei der Entstehung von Heuschnupfen und Asthma sind sogenannte Kreuzreaktionen zwischen Nahrungsallergenen, z. B. Getreide und Inhalationsallergene, wie Pollen und Gräser, genauso wichtig wie die falsche mikrobielle Besiedlung der Nasenschleimhaut oder der Lunge mit grampositiven Staphylokokken, Streptokokken oder mit Schimmelpilzen. Diese Aspekte werden bei der Behandlung von Asthma oder Heuschnupfen sehr selten berücksichtigt. Man beschränkt sich auf die Gabe von symptomatischen Mitteln, wie Kortison oder Betasympathikomimetika, Theophyllin sowie Antihistaminika, ohne zu berücksichtigen, dass die o. g. Provokationsfaktoren ununterbrochen die lokalen Entzündungs- und Reizzustände unterhalten.

Wer mit der Klage „Ich fühle mich krank und weiß nicht, warum?“ zum Arzt kommt, wird heutzutage oft auf Unverständnis stoßen. Es ist aber bekannt, dass z. B. permanente Müdigkeit auch Symptom einer Candida-Infektion sein könnte. Wie manifestiert sich die Candidiasis? Welche Erkrankungen und gesundheitlichen Probleme können auf den sogenannten Candida-related complex (CRC) hindeuten?

Dr. Ionescu:
Unsere eigenen Erfahrungen zeigen, dass Störungen der Darmflora und der Darmfunktion viel häufiger verbreitet sind als man vermutet. Unter einer Darmdysbiose, also einer falschen Darmbesiedlung mit pathogenen Bakterien und Hefepilzen, verstehen wir eine völlig veränderte mikroökologische Situation des Darms; ein gestörtes Gleichgewicht zwischen physiologisch notwendigen milchsäureproduzierenden Bakterien, Enterokokken sowie gesunden Stämmen von Escherichia coli und pathogenen Bakterien (pathogene Enterobacteriaceae, hämolysierende und andere pathogene Escherichia coli, Anaerobier) als auch sich massenhaft vermehrenden pathogenen Pilzen.

Wir haben genügend Fälle dokumentiert, wo z. B. pathogene Pilze im Überschuß und milchsäureproduzierender Bakterien kaum messbar sind. Diese chronische krankhafte Besiedlung des Darms führt zu verschiedenen Symptomen, die man gesammelt als Candida-related complex bezeichnet. Es ist eine Liste mit Beschwerden, die auf den ersten Blick in keinem Zusammenhang zueinander zu stehen scheinen. Hierzu gehören chronische Müdigkeit, Kopfschmerzen, chronisch kalte Hände und Füße, Verstopfung und Durchfallneigung, häufige Blähungen, besonders nach dem Essen, sowie Intoleranzreaktionen gegen verschiedene Nahrungsmittel. Zusätzlich können Hautausschläge, allergische Reaktionen sowie Missmutigkeit, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen und Depressionen auftreten.

Ein Ungleichgewicht zwischen physiologischen und pathogenen Bakterien und Hefepilzen geht mit chronischen Mangelerscheinungen bestimmter Vitamine und Spurenelemente sowie mit einem gestörten Abbau und Absorption von Kohlenhydraten und Fetten aus der Nahrung einher. Die hemmende Wirkung der pathogenen Pilze und bestimmter pathogener Bakterien auf die Funktion der sogenannten Disaccharidasen im Darm führt zu einer Blockade in der Absorption der Zuckerbausteine und natürlich zu einer chronischen Energielücke. Die reichlich aufgenommenen Kohlenhydrate (Brot, Reis, Kuchen, Süßigkeiten) werden meistens von den vermehrten Pilzen (Candida, Geotrichum) im Darm verwendet. Durch die Candida verursachte Kohlenhydratgärung entstehen im Darm hohe Mengen an Alkohol und besonderen kurzkettigen Fettsäuren mit narkotischer bzw. toxischer Wirkung. Die dauernde Belastung mit diesen Stoffen bewirkt in der Regel eine chronische Müdigkeitserscheinung und führt gleichzeitig zu einer signifikanten Erhöhung der Darmdurchlässigkeit für Nahrungsmittelbestandteile und mikrobielle Abbauprodukte. Die Bestandteile der Hefen und deren Mykotoxine wirken auch stark allergen. Sie führen zur Freisetzung von Entzündungsmediatoren dort, wo sie angesiedelt sind. Die Folgen sind bekannte Symptome des Candida-related complex mit Darmkoliken, Hautausschlägen, migräneartigen Kopfschmerzen, Nies- oder Asthmaanfällen und eine chronische Abschwächung der Immunreaktion. Die Identifizierung und die entsprechende Sanierung der Candida-Herde ist deswegen von enormer Bedeutung.

Neben Kohlenhydraten begünstigen auch bestimmte Fleischsorten die massenhafte Vermehrung bestimmter Anaerobier (Clostridien, Bacteroides) mit erhöhter Produktion von toxischen Diaminen im Dickdarm. Durch den Abbau von aromatischen Aminosäuren, wie z. B. von Tyrosin und Tryptophan, entstehen große Mengen toxischer Phenole, Indole mit ähnlich belastender Wirkung.

Können Hefepilze aus dem Dünndarm in die Lymph- und Blutbahn gelangen und Kapillarembolien verursachen? Ist auch ein Befall verschiedener Organe, wie Nieren, Gehirn und Augen, möglich ?

Dr. Ionescu:
Ein Befall der verschiedenen Organe durch Hefepilze über die Lymphbahnen ist möglich, aber ziemlich selten. Wir haben z. B. bei schwierigen mikrobiellen Ekzemen auch eine systemische Belastung mit Pilzen beobachtet sowie auch bei generalisierenden psoriatischen Erythrodermieformen, bei denen auch manchmal eine systemische Mykose festgestellt wurde.

Für die Sanierung der verschiedenen körperlichen Candida-Herde, sei es auf der Haut oder auf den Schleimhäuten, ist in erster Linie die Sanierung des Darms unabdingbar, da der Darm das wichtigste Reservoir für pathogene Keime darstellt.

Aus dem Analbereich werden die Pilze durch unwillkürliche Bewegungen im Schlaf weiter auf die Haut oder auf die Schleimhäute übertragen, oder vom Darm können sie den Weg in das Innere des Körpers finden. Im Lymphsystem und in den Hauptorganen wird versucht, diese Keime zu vernichten, was zu einer Lymphadenopathie führen kann, jedoch treten nach unserer Erfahrung solche Fälle sehr selten auf, da die vorhandenen Barrieren den Körper vor dieser Art Eindringlingen genügend schützen. Dort aber, wo eine deutlich geschwächte Immunlage vorliegt (AIDS, Zustand nach Bestrahlungstherapien, Zytostatikatherapie), kann es viel häufiger zu einer unkontrollierten Ausbreitung pathogener Pilze kommen.

Welche Untersuchungen sind notwendig, um sicherzustellen, dass der Hauterkrankung eine Störung der Darmflora zugrunde liegt? Wie ist das Diagnoseprogramm Ihrer Klinik aufgebaut ?

Dr. Ionescu:
Sowohl Neurodermitis als auch Psoriasis haben eine multifaktorielle Genese. Man darf hier nicht die Rolle der Allergene und Umweltfaktoren sowie die signifikanten Abweichungen verschiedener Immunparameter, verbunden mit einer total veränderten immunologischen Reaktionslage, vergessen. Ebensowenig können wir die veränderte Lage des neurohormonellen Systems oder die Rolle der psychogenen Faktoren und falscher Ernährung außer acht lassen. Deswegen darf man nicht übertreiben und sagen, dass die Ursache für die o. g. Erkrankungen allein in der falschen Darmbesiedlung zu sehen ist.

Um diese multifaktoriellen Ursachen zu identifizieren, haben wir in der Spezialklinik Neukirchen ein aufwendiges interdisziplinäres Diagnoseprogramm aufgebaut, in dem sowohl immunologische, allergologische als auch mikrobiologische, klinisch-chemische und neurohormonelle Untersuchungen durchgeführt werden. Insgesamt können wir 240 verschiedene Parameter messen. Zum Beispiel wird in der Mikrobiologieabteilung eine konsequente Identifizierung der Auslöser der Infektionen von Haut, Schleimhäuten und Darm durchgeführt. Für die Analyse werden mikrobiologische Abstriche sowie mit einer Darmsonde Flüssigkeitsproben aus dem Dünndarmbereich dem nüchternen Patienten entnommen. Die gewonnene Darmflüssigkeit oder die Stuhlproben werden dann quantitativ und qualitativ im Mikrobiologielabor untersucht, um festzustellen, ob sich die Flora in verschiedenen Darmabschnitten im Normal- oder im pathologischen Bereich befindet.

Woraus setzt sich die in Ihrer Klinik entwickelte Therapie von allergischen Erkrankungen zusammen?

Dr. Ionescu:
Ähnlich wie für die Diagnose haben wir auch für die Therapie ein ganzheitliches Behandlungskonzept mit gezielten, individuell abgestimmten Maßnahmen entwickelt. In erster Linie müssen die pathogenen Herde der Haut, Schleimhäute und des Darms saniert werden. Dies muß von einer immunmodulatorischen Therapie begleitet werden. Weiterhin sollte eine stoffwechselunterstützende Therapie, besonders für den energetischen Stoffwechsel (der am meisten bei solchen chronischen, psychosomatischen Erkrankungen beeinträchtigt wird), berücksichtigt werden. Hier darf man nicht den permanenten Energiemangel bei Umwelt- und mikrobiell belasteten Patienten vergessen. Es muß auch für einen Ausgleich beim Mineral- und Vitaminstoffwechsel gesorgt werden. Die individuellen Diät-Pläne, die mit Hilfe des Computers anhand der festgestellten allergischen und pseudoallergischen Reaktionen zusammengesetzt werden, ergänzen dieses Therapiekonzept.

Die psychologische Betreuung mit den verhaltenstherapeutischen Maßnahmen und die Entspannungstechniken, die in der Klinik Neukirchen angeboten sind, werden auch kaum in diesem Ausmaß in einer anderen Einrichtung angewendet. Nach der Entlassung aus der Klinik dauert es noch 8 – 10 Monate, bis der Patient sich wieder normal ernähren kann und keine besondere Hautpflege mehr braucht.

Wie sieht die medikamentöse Behandlung in Ihrer Klinik aus ? Raten Sie zum Verzicht auf eine symptomatische Therapie mit antiinflammatorischen Mitteln wie Kortikoide und Antihistaminika?

Dr. Ionescu:
Wir verwenden in unserer Klinik weder Bestrahlungstherapien noch Kortison, noch Retinoide, noch Zytostatika. Auch Antihistaminika werden nur sehr begrenzt in der sogenannten Kortisonabzugsphase verwendet. Wir wollen keineswegs eine symptomatische Therapie weiter betreiben, wie das in den herkömmlichen Therapiestätten die Regel ist. Vielmehr sind wir bemüht, die Ursachen für diese allergischen Erkrankungen zu erforschen und so weit wie möglich die Provokationsfaktoren zu identifizieren und gezielt auszuschalten. Zu diesem Zweck haben wir die extrem aufwendige Diagnose und auch diese individuell angepassten Therapiemaßnahmen, angefangen von der Diät bis zur Sanierung der Darmflora oder der mikrobiellen Herde der Haut, entwickelt.

Welche Antimykotika würden Sie empfehlen?

Dr. Ionescu:
Bei einer darmlokalisierten Mykose, also einem Überschuß an Pilzen im Darmbereich, reicht natürlich ein Antimykotikum mit großmolekularem Gewicht wie Nystatin (z. B. Adiclair), das nicht absorbiert wird und seine Wirkung nur im Darm entfaltet. Gibt es aber Zeichen einer verbreiteten Mykose vom Genitalbereich bis hin zum Nagel- und Kopfbereich, so wie häufig bei Psoriasis und bei bestimmten Ekzemen, dann kann man nicht auf eine systemische Behandlung verzichten. Es gibt dafür Antimykotika der alten und der neuen Generation. Heutzutage, bei einer korrekten Dosierung von neuen Antimykotika, wie z. B. Fluconazol, gibt es einen exzellenten Therapieerfolg in der Sanierung der mit der Psoriasis verbundenen Mykose. Wir verwenden zusätzlich zu der antimikrobiellen und antimykotischen Therapie eine Art mechanische Reinigung durch Darmspülungen und Rollkuren mit pflanzlichen Diätetika, mit einer großen Absorptionskraft für mikrobielle Bestandteile und toxische Abbauprodukte. Wichtig ist eine individuelle und langfristige Sanierung der Darmflora, selbstverständlich mit unterschiedlichen, individuell angepassten lebenden Bakterien. Man muß die bakteriellen Präparate nach den Ergebnissen der Darmuntersuchungen an die spezifischen ökologischen Verhältnisse im Darm des Patienten anpassen. Die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Besiedlung mit Laktobazillen (z. B. Paidoflor) oder gesunden Escherichia-coli-Stämmen (z. B. Mutaflor) ist viel größer, nachdem wir zuerst den Darm mit einer gezielten antimykotischen Therapie saniert haben. Sehr wichtig, neben der langfristigen Sanierung der Darmflora, ist eine individuelle diätetische Unterstützung mit fleisch- oder kohlenhydratarmen Diäten. Wichtig ist auch eine angepasste Immuntherapie mit immunstimulierenden Stoffen.

Welche Bedeutung schreiben Sie der Ernährung zu? Wie sollte die Anti-Pilz-Diät gestaltet werden?

Dr. Ionescu:
Nachdem der Patient sich schon einige Wochen einer spezifischen antimykotischen Therapie unterzogen hat, fängt man mit dem Entzug von Nährstoffen der Pilze durch eine kohlenhydratarme Diät an. Die Diät ist arm an Zucker- und Mehlprodukten, an Reis, aber auch an bestimmten Obstsäften, wie z. B. Orangen- oder Apfelsaft. Diese bilden einen exzellenten Nahrungsboden für Hefe- und Schimmelpilze. Die Diät muß reich an magerem Fleisch, Obst und ballaststoffreichem Gemüse in frischer oder gekochter Form sein. Bei einem Befall mit pathogenen Bakterien muß man manchmal auch Fleischprodukte etwas reduzieren.

Wie kann ein Rezidivieren der Candida-Besiedlung verhindert werden?

Dr. Ionescu:
Um eine rezidivierende Candida-Besiedlung zu verhindern, sind neben physikalischem Darmreinigungsverfahren eine spezifische, antimykotische Therapie, eine individuelle langfristige Darmflorasanierung sowie eine individuelle diätetische Unterstützung mit einer kohlenhydratarmen oder allergenarmen Diät und einer angepassten Immuntherapie notwendig, denn die Mykosen sind heutzutage bei der allgemein geschwächten Abwehrlage in unserer Gesellschaft sehr schwer zu heilen.

Wir finden in unserer Klinik kaum noch einen Patienten, der eine normale Darmflora zeigt. Nach unseren Statistiken und anderen Untersuchungen ist daraus zu schließen, dass auch in der „gesunden“ Bevölkerung die normalen Darmverhältnisse nur noch bei den 80- und 90jährigen zu finden sind. Die falsche Darmbesiedlung entsteht leider sehr frühzeitig. Sie wird schon bei Babys durch Hospitalismus in der Geburtshilfeklinik oder durch die falsch besiedelten Geburtswege der Mutter hervorgerufen. Dazu trägt auch eine falsche Ernährung in den ersten Lebensmonaten (Flaschennahrung) bei und später die Belastung mit einseitiger Nahrung und einem Überschuß an Kohlenhydraten. Auch die voreilige Gabe von Antibiotika bereitet ein Terrain für die Pilzbesiedlung.