Allergisches Asthma
Allergisches Asthma – Einfluß von Umweltfaktoren
Neben den bekannten allergischen Reaktionen sowie durch Mikroben hervorgerufene Störungen, wird bestimmten Umweltschadstoffen in den letzten Jahren eine immer wichtigere Rolle für das Entstehen eines allergischen Asthmas zugeschrieben.
Pathologische Mechanismen
Sowohl das durch äußere Einflüsse hervorgerufene (Extrinsic“ exogen-allergische) Asthma, als auch das durch Atemwegsinfektionen, konstitutionelle oder hormonelle Faktoren ausgelöste (Intrinsic“ nicht allergische) Asthma, führen ihre Symptomatologie (für einen bestimmten Kranken charakteristische Krankheitszeichen) auf eine anfallsweise auftretende Atemwegsobstruktion (totaler Verschluß) durch verschiedene Reize auf dem Boden eines hyperaktiven Bronchialsystems zurück. Durch eine Reihe bewährter Therapiemaßnahmen kann eine langanhaltende Beschwerdefreiheit erreicht werden.
Der Verschluß der Atemwege (Atemwegsobstruktion) basiert auf einem komplexen Mechanismus, wobei
- eine erhöhte Anspannung der Bronchialmuskulatur (Bronchospasmus), reguliert durch nervale, zelluläre und humorale (die Körperflüssigkeiten betreffend) Mechanismen
- die Schleimhautschwellung durch die krankhafte Ansammlung seröser Flüssigkeiten, sowie
- die Überproduktion von Schleim, verbunden mit Schleimstauung und Verstopfung der Atemwege, als wichtige Bestandteile anzusehen sind.
Als Grundlage zur Auslösung asthmatischer Anfälle ist die bronchiale Hyperaktivität anzusehen, die ihrerseits durch
- allergische bzw. allergenspezifische Faktoren oder
- unspezifische, nicht allergische Reize, wie Infekte, physikalische Ursachen, chemische Umweltschadstoffe, Medikamente, Zusatzstoffe aus der Nahrung, Zigarettenrauch, körperliche Anstrengung sowie seelische Gründe hervorgerufen wird.
Patienten mit allergischem Asthma werden in der Regel sowohl den Einwirkungen allergenspezifischer Faktoren, als auch den oben erwähnten unspezifischen Reizen ausgesetzt, die sich gegenseitig verstärken und verschiedene krankhafte Mechanismen auslösen.
Hierzu gehören:
- die Freisetzung von Entzündungsmediatoren (Botenstoffe) aus Mastzellen und basophilen Zellen,
- die beta-adrenerge Blockade, basierend auf einer signifikanten Senkung der Zahl und Funktion der beta-Adrenorezeptoren (entsprechend der unterschiedlichen Wirkungen von Adrenalin an den einzelnen Organen unterscheidet man Alpha- und Beta-Rezeptoren),die mit der beta-Blockade verbundene Störung in der Synthese des intrazellulären c-AMP (zyklisches Adenosinmonophosphat, spielt im Energiestoffwechsel eine wichtige Rolle), die parallel mit einem Überschuß der cholinergen Überträgersubstanz c-GMP (Guanosinmonophosphat) einhergeht. Das bekannte Ungleichgewicht dieser Nukleotide behindert auch die normale Funktion der zellulären Kalziumpumpe,
- die vermehrte Ausschüttung von Azetylcholin (Neutrotansmitter) durch einen erhöhten Spannungszustand des Parasympathikus mit anfallauslösenden, die Nerven betreffenden Reflexen, die zu einer gesteigerten Kontraktibilität der Bronchialmuskulatur führen.
Zusammenhänge zwischen der Umweltbelastung und asthmatischen Beschwerden
Klinische und immunbiologische Ergebnisse zeigen eindeutig, dass neben den durch verschiedene Inhalationsallergene (Pollen, Gräser, Staub, Milben, Haare, Epithelien etc.) hervorgerufenen Anfällen immer häufiger pseudoallergische Reaktionen durch verschiedene toxisch-irritive Umweltschadstoffe als Ursache für die komplexe asthmatische Symptomatik in den Vordergrund treten.
Man rechnet zur Zeit mit über sieben Millionen chemischen Verbindungen mit einer jährlichen Steigerungsrate von mehr als 250.000 neuen Stoffen. Über 50.000 davon befinden sich im täglichen Gebrauch. Sie bewirken sowohl die Luftbelastung durch PKW- und Reizabgase (SO2, NO2, CO) von Industriewerken, Heiz- und Brennanlagen durch Ozonüberschuß, industriellen Staub oder Tabakrauch, als auch die Boden- und Wasserbelastung durch Pestizide, Düngemittel, Insektizide, Schwermetalle sowie chemischen und radioaktiven Rückständen aller Art. Im Haushalt oder am Arbeitsplatz bleibt man von der negativen Wirkung verschiedener Schadstoffe wie Asbest, Formaldehyd, Holzschutzmitteln, Klebstoffen, Lösungsmittel aller Art, Öle und Benzine, Harze, Detergentien, Spülmittel und Schwermetallen ebenfalls nicht verschont.
Probleme mit der Nahrung
Außerdem erlebt man durch die tägliche Aufnahme halbfertiger Nahrung die Nebenwirkungen einer ganzen Reihe von Zusatzstoffen. Hierzu gehören die mit „E“ gekennzeichneten Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Bindemittel, Geliermittel, Emulgatoren und Geschmacksverstärker, die unserer Nahrung die lange Haltbarkeit, das appetitliche Aussehen und den gewünschten Geschmack „schenken“.
Auch Wirk- und Hilfsstoffe aus Kosmetika, Drogen und Pharmaka tragen häufig neben den Farbstoffen und synthetischen Fasern der Textilindustrie zu verschiedenen Intoleranzreaktionen bei.
Sensible reagieren schneller
Allergische und umweltsensitive Patienten reagieren nicht zuletzt empfindlich auf die negative Wirkung elektromagnetischer Felder verschiedenster Elektrogeräte, von Bildschirmcomputern und Fernsehen bis hin zu Stereoanlagen, Antennen und Hochspannungsleitungen sowie radioaktiver Strahlung von Rückständen aus der Umwelt oder medizinischen Bestrahlungsgeräten. Wenn man zu all diesen Faktoren auch den Einfluß des täglichen psychosozialen Streß (Distreß) addiert, dann ergibt sich ein erstes Bild der körperlichen Belastung durch exogene Umweltursachen/Umweltstressoren.
Die Funktion verschiedener Organsysteme kann aber auch durch die Anwesenheit chronischer Infekte, hervorgerufen durch Bakterien und Hefepilze, welche die Haut sowie die Schleimhäute der Atemorgane und vor allem des Magen-Darm-Traktes besiedeln, zusätzlich belastet werden. Ihre Stoffwechsel- und Abbauprodukte (Endo-, Exo- und Mykotoxine, Indol, Skatol, Phenol, biogene Amine und andere) bilden zusammen mit der Freisetzung toxischer Schwermetallrückstände aus Pessaren, Amalgamfüllungen, Kronen und Zahnbrücken oder Ionomerstoffen aus verschiedenen Implantaten (Kunststoff, Silikon, Acrylate, Dental-Zement) eine zweite Gruppe endogener Belastungsfaktoren, die ebenfalls zu einer Steigerung der Gesamtbelastung beitragen. Amerikanische Autoren haben vor Jahren den Begriff „Total Environmental Load“ als Maßstab für die Gesamtbelastung durch Umweltstressoren eingeführt.
Der Kontakt mit den obengenannten Fremdstoffen und Chemikalien findet primär in den Atemorganen über die Atemluft, im Magen-Darm-Trakt über Nahrungsmittel und Trinkwasser sowie über die Haut statt und verursacht sehr unterschiedliche Effekte. Durch Haut und Schleimhäute greifen die meisten Gifte die Stoffwechselvorgänge und Zellstrukturen des Immunsystems und/oder des Zentralnervensystems an. Als direkte Folge wird in der Regel eine erhöhte Infektanfälligkeit der Haut, Schleimhäute und des Darmes, die bei Allergikern besonders ausgeprägt ist, registriert. Die neurotoxischen Wirkungen der Umweltschadstoffe sind vielfältig und können sich in Form von Kopfschmerzen über Schwindel, Konzentrationsschwierigkeiten, Zittern, Antriebslosigkeit, Schlaf- und Herzrhythmusstörungen, bis hin zu Lähmungen und depressiven Zuständen manifestieren. Über gesundheitliche Störungen bei umweltsensitiven Hyperkinetikern (Dopamin) und Atopikern (Noradrenalin) wurde ebenfalls berichtet.
Ein Teil der Schadstoffe wird auch im Fettgewebe, Bindegewebe, Knochen- und Nervensystem gespeichert und gelegentlich mit negativen Auswirkungen für den Betroffenen wieder mobilisiert. Analytische Gewebeuntersuchungen können dies einwandfrei dokumentieren.
Aufgrund immer häufigerer Fälle entstanden in den letzten Jahren neue medizinische Begriffe wie Multiple Chemical Sensibility oder das Sick-Building-Syndrom mit äußerst breiten Auffälligkeiten verschiedener Organsysteme und Symptome.
Ein Teil der Betroffenen glaubt, an einer Allergie gegenüber Umweltchemikalien zu leiden, wobei diese mittels klassischer immunologischer Testverfahren nicht nachweisbar ist. Andererseits stellen die Allergologen fest, dass die meisten diagnostizierten Allergiker mit Asthma, Neurodermitis, allergischer Rhinitis oder Urticaria gleichzeitig umweltsensitive Patienten mit einer gesteigerten Überempfindlichkeit gegenüber geringsten Konzentrationen verschiedener Umweltchemikalien und biogener Gifte sind. Ihre Symptome sind stets auf eine Mischung allergischer und pseudoallergischer Reaktionen zurückzuführen. Man spricht bereits von Allergotoxikologie als einem aktuellen interdisziplinären Gebiet, dem Allergiker und umweltsensitive Patienten zugeordnet werden.
Auslöser allergischer Reaktionen
Ein durch ihre Informationsstoffe (Cytokine) vermitteltes komplexes Zusammenspiel verschiedener Blut- und Gewebezellen (Makrophagen, Lymphozyten, Eosinophile, Basophile, PMNs) und Mastzellen ist bei äußeren Einflüssen (Induktion) als normale Immunantwort oder allergische Reaktion und daraus resultierenden Entzündungskomponenten von entscheidender Bedeutung.
Nach Coombs und Gell unterscheidet man sofortige und verspätete allergische Reaktionen von Typ I bis IV. Das Immunsystem ist immer beteiligt.
Neben einer erheblichen Disposition spielen eine Reihe weiterer Faktoren eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Allergien. Hierzu gehören:
Die Sensibilisierungspotenz des Allergens. Man weiß zum Beispiel, dass das frühzeitige Abstillen und die Gabe von Formula-Nahrung basierend auf starken Allergenen wie Kuhmilch, Soja oder Nahrungsmitteln mit Ei- und Hefeanteilen zum Auftreten einer Allergie bei Säuglingen führen kann. Die chemische Zusammensetzung der sogenannten Haptene (einfache, niedermolekulare chemische Verbindungen) ist hier für die Sensibilisierungspotenz entscheidend.
Der wiederholte, mit zeitlichen Unterbrechungen einhergehende Kontakt mit unterschiedlichen Allergen-Konzentrationen, ist auch eine bekannte Voraussetzung für das Auslösen einer Allergie Mikrobielle Körper (Bordetella pertussis) und verschiedene Reizstoffe wie z. B. Phenole (Freund´sche Adjuvans) nehmen darauf ebenfalls Einfluß. Mit ähnlichen Effekten muß z. B. bei Säuglingen gerechnet werden, die frühzeitig durch fakulativ oder obligat pathogene Keime der Geburtswege der Mutter oder des Krankenhauses infiziert wurden, was zu einer falschen Kontaminierung des Darmes mit einer abnormen Flora führen kann. Ähnliche mikrobielle Verhältnisse mit Produktion größerer Mengen sensibilisierender Abbauprodukte (u. a. Phenol) können auch später entstehen durch darmfloradezimierende, antibiotische Behandlungen oder unter dem Einfluß immunsuppresiver (künstlich unterdrückend) wirkender Bestrahlungs-, Zytostatika-(chemischer) oder Kortisiontherapien. Derartige dysbiotische Zustände (qualitative und quantitative Störung im Gleichgewicht der Darmflora) des Darmes sind ein Merkmal allergischer Erkrankungen geworden.
Verschiedenen Umweltschadstoffen wird eine erhebliche Rolle für die Auslösung einer Allergie zugeschrieben. Hierzu kommen mehrere Mechanismen in Frage:
Schädigung der Haut und Schleimhautbarrieren durch chemische, physikalische oder mikrobielle Einflüsse über eine direkte Verletzung der Zellmembranen und Freisetzung von Entzündungsmediatoren (Histamin, Prostaglandine und Leukotriene) wie z. B. nach Einwirkung von Pestiziden, Alkohol und mikrobiellen Giften. Die erhöhte Durchlässigkeit der Schleimhautbarrieren führt zu einer gesteigerten Allergenaufnahme und Sensibilisierung.
Eine erhöhte Produktion an Immunoglobulin E mit Ausbruch allergischer Symptome wurde nach Einwirkung von Reiz- und Dieselabgasen, Zigarettenrauch, Quecksilberverbindungen und Platinsalzen beschrieben. Die erwähnten Schadstoffe können ihre Wirkung auf verschiedenen zellulären Ebenen entfalten, abhängig von ihrem Absorptions- und Reizpotential. Die Zusammenhänge zwischen erhöhten Konzentrationen von verkehrsabhängigen Luftschadstoffen und die Erhöhung allergischer Luftwegserkrankungen bei Patienten aus Ballungszentren, wurde durch mehrere deutsche und ausländische Studien dokumentiert.
Auslösung der Synthese von Immunglobulin E nach Bindung von Schadstoffen an Serumproteine (z. B. Formaldehyd und Formaldehyd-Derivate mit Bildung neuer Antigenstrukturen)
Eingriff in den Zwischen-Stoffwechsel durch Einflussnahme auf die Struktur und biologische Tätigkeit verschiedener Enzymsysteme.
In der Regel sind die Symptome von Allergikern und/oder umweltsensitiven Patienten eine Folge verschiedener innerer und äußerer Schadstoffeinflüsse. Dies erklärt auch die unterschiedlichen Ursachen, die dann zum Tode führen können.
Damit wird die überragende Bedeutung präventivmedizinischer Maßnahmen im Umgang mit Allergieauslösern bzw. Umweltgiften deutlich. Eine entsprechende gesundheitliche Einstellung auch im psychosozialen Bereich wird klar ersichtlich.
Prophylaxe und Therapie
Wichtige Präventivmaßnahmen bei Allergikern finden ihren Platz schon bei Schwangeren, bei denen die Vermeidung starker Allergene in der Nahrung, von Alkohol, Nikotin und äußerlich einwirkenden (exogenen) Schadstoffen zu einer Senkung des Atopierisikos, einer Überempfindlichkeit für Allergien, des Neugeborenen führen kann. Auch die Sanierung innerer (endogener) Belastungsfaktoren wie Infekte aller Art, der Haut, der Lunge, der Geburtswege und des Darms ist mehr als berechtigt.
In der Therapie des allergischen Asthmas hat sich gezeigt, dass eine allergenarme Diät, die im Rotationssystem angeboten wird, zusammen mit der Sanierung mikrobieller Herde, schadstoffausleitenden, immunmodulierenden und psychologischen Betreuungsmaßnahmen einen wichtigen Beitrag zu einer langfristigen und mitunter auch dauerhaften Beschwerdefreiheit leisten kann.